„ (…) In Zeiten der Islamophobie, in denen jeder Migrant und jede Migrantin durch bestimmte äußerliche, angebliche Erkennungszeichen des Terrorismus verdächtigt werden kann, greifen KünstlerInnen zum künstlerischen Mittel der Übertreibung, der Selbst-Verfremdung, um ihren Standpunkt darzulegen.
Der Künstler Hansel Sato (…) stellt dieser reagierenden Strategie gegen Xenophobie ein eigenes Modell entgegen, ein selbsterzeugtes System, das eine ganze Welt umfasst.
Seine Comic-Installation zum Thema weiblicher Terrorismus berücksichtigt Gender-Fragen (z.B. löst sich der Traumprinz buchstäblich in Luft auf) und romantisiert gleichzeitig den Widerstand gegen unterdrückerische, koloniale Systeme. Der Widerstand seiner Terroristin, die Fotomodel ist, hinterfragt das Modell der disprivilegierten Frau, die hier nicht als Tschetschenin mit Kopftuch oder eine als Bettlerin verkleidete Irakerin daher kommt, sondern dem kapitalistischen Schönheitsideal entspricht. Ist diese seltsame Silicon-Form des Terrorismus als „Seifenoper“ eine perfide Umdrehung des vorherrschenden Modells und der medialen Reaktion darauf? (...)"
Kerstin Kellermann, Journalistin
Kunstmagazine „Art in Migration“ 2009/ Heft 8
TELENOVELA „Eine Ausstellung in der Aula der Akademie am Schillerplatz beleuchtet nun die Dominanz des Fernsehens und konzentriert sich besonders auf Lateinamerika und die dortige Form der Soap Opera, die als Telenovela Fernsehgeschichte geschrieben hat.
Die Ästhetik des Fernsehens, das auch als Leitmedium öffentlicher Meinungsbildung fungiert, reduziert sich oft auf das Telegene. Dies muss aber bekanntlich noch lange nicht Bildqualität bedeuten und schon gar nicht Integrität oder Objektivität.
Der Peruaner Hansel Sato, die bereits ein interaktives Kunstvermittlungsprojekt auf der letztjährigen Documenta erstellt hat, kuratierte gemeinsam mit Carla Bobadilla die Schau.
Zu den vorwiegend lateinamerikanischen Positionen gesellte sich die Einladung an die österreichische Performance- und Videokünstlerin Katrin Wölger und die Bulgarin Vasilena Gankovska, die seit 2001 in Wien arbeitet. Letztere hat das Synchronisieren über der Originaltonspur in Rumänien oder Bulgarien zur Zeit des Ostblocks für ihre "Dialoge über die Liebe" herangezogen, echte wie erfundene und klischeehafte Liebesdialoge in eine Art Sprachkurs übersetzt.
Hansel Satos Comics und Carlos Perez’ Bilder begleiten die Schau, die von Bildschirmen dominiert wird. Die Comic-Novela von Sato weist auf eine Verpflanzung der Soaps in Zeichnungen, ähnlich den japanischen Mangas. Er verwendet aber die mexikanische Antiheldin und Geliebte des Eroberers Hernán Cortés, Malinche, als Stereotyp weiblichen Verrats.
In Perez’ Gemälden ist die Familienzusammenkunft vor dem TV-Gerät das Thema: "und auch deine Mutter gemeinsam mit deinen Onkeln, Großeltern, dem Zorn und mir."
Wölgers Diwan samt Pflanzenecke dient zur eigenen Inszenierung der Besucher in einer Toninstallation mit dem Titel "What you see is what you hear". Die Anregung dazu stammt von Fred Wilsons TV-Show.
Fran Ilich aus Mexiko hat eine politische Telenovela in 15 Kapiteln ursprünglich für die Internetplattform YouTube gedreht, doch der Medienkonzern Televisa zwang ihn, diese kritischen Filme aus dem Internet zu nehmen; als Grund wurden Copyrightverletzungen angegeben. Eine kolumbianische Pop-Sängerin, Mord, Intrige und die Zapatisten sind Inhalt der Telenovela "Adry, die Hässliche".
Carla Degenhardts Fotoinstallation "Circe" sind einem Fotoroman von 1998 bis 2008 entnommen – es geht um Klischees von Freundschaft, Liebe, Verrat, Tod und Versöhnung in fast märchenhafter Paraphrase.
Ihr Video "Telenovaschlacke" spielt auf der Dachterrasse eines Hochhauses in Buenos Aires. Die Protagonistin, Telenovela-Schauspielerin Gisela Moro, spielt ihre Rollen humorvoll verfremdet.
Die Schau, an der noch Paula Delgado und Basile Baixe vertreten sind, basiert auf einer Idee von Studierenden und Absolventen, die meist aus Lateinamerika stammen“.
Brigitte Borchhardt-Birbaumer
Wiener Zeitung, März 2008
FESTUNG EUROPA
„Die hermetischen Blöcke der Flaktürme (...) erscheinen ihm (Hansel Sato, Anm.) wie Synonyme einer abweisenden „Festung Europa“ (...). Wie stumme monumentale Zeugen einer irrwitzigen und pervertierten Ideologie, die man nicht wirklich wegsprengen kann oder will, ragen sie in den Himmel und erinnern uns nicht zuletzt in diesem Jahr daran, was Europa heuer besonders feiert: 60 Jahre Befreiung vom Nationalsozialismus.“
DAS PARADIES IN DER ANDEREN ECKE: UTOPIEN UND REALITÄTEN
Galerie Parque Reducto, Lima 2004
„Das Paradies in der anderen Ecke, Utopien und Realitäten“ ist eine Serie, die uns von der Einsamkeit, ständigen Flucht, unvermeidlichen Anonymität, und Ausbrüchen aus einer Zeit, die uns fremd scheint, erzählt.
Das Fremdsein, das Gefühl, immer woanders hinzugehören, die Kondition der Marginalität, hat immer die Werke dieses Künstlers geprägt (...). Sein Blick sucht, was uns immer entflieht, die Möglichkeit, die noch nicht existiert. Diese Vision kommt in dem orthodoxen und wohlelaborierten Gemälde unmissverständlich zum Ausdruck.
Geographische Sachverhalte sind irrelevant geworden: Sato hat festgestellt, dass er nur seinem inneren Weg folgen kann, was er, seine erfrorenen Welten auf der Leinwand fixierend, auch konsequent tut.“
Mag. Elida Roman, Kuratorin und Kunstkritikerin
WARTEN AUF GODOT
Galerie Jüttner, Wien 1998
„Hansel Sato möchte die Einsamkeit des zeitgenössischen Menschen in einer chaotischen Welt darstellen:
Menschenbilder bar jeder Individualität im städtischen Souterrain bewegen sich in Röhren, die dem Abwassersystem großer Städte ähnlich sind, und werden mit aggressiven Maschinen und Teufelswerkzeugen konfrontiert.
Satos Botschaft wird von bestimmten formalen Charakteristika wie zyklische Komposition oder Zerstörung von Engeln und Perspektiven, mit dem Ziel, das Gefühl der Verlorenheit noch zu verstärken, transportiert und hervorgehoben.“
Dr. Hans-Jörg Konecny
DIE EINSAMKEIT DER SPIEGEL
Galerie Forum, Lima 1995
„In den Augen Hansel Satos ist die Stadt ein lebendiger Körper, der ständig wächst und pulsiert. Fast scheint sich dieser Körper von der Leinwand zu lösen.
Satos Ästhetik hat Vorfahren in der Kunstgeschichte: Die albtraumhaften und klaustrophobischen Piranesi-Gefängnisse der dunklen Barockzeit (...), aber auch in der Kinogeschichte: vom Kabinett des Dr. Kaligari bis zu „Brazil“ von Gilliam.
In dieser Serie wird die Architektur in ihrer dynamischen Präsenz verzerrt. Fragmentiert und wieder vereinigt. Alles öffnet und schließt sich und lässt uns die Figuren als Gefangene eines halluzinativen Szenarios beobachten.“